Unsere Freiwilligen in der Zeitung (3): Corona-Rückreise aus Peru. Bernhard berichtet den „Dresdner Neueste Nachrichten“

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Von Thomas Baumann-Hartwig

„Wie ein Dresdner in Peru die Corona-Quarantäne erlebt

Der Ausbruch von Corona ist in Deutschland schon eine Katastrophe. In Südamerika sind noch deutlich schlimmere Folgen zu befürchten. Ein Dresdner befindet sich gegenwärtig am Rande des Regenwaldes und wartet auf den Rückflug.

Bernhard Greuner ist hin- und hergerissen. „Ich bin mir nicht sicher, ob ich hier bleiben oder zurück nach Hause kommen will.“ Der 19-jährige Dresdner befindet sich Tausende Kilometer von der Heimat entfernt in Quarantäne: In der peruanischen Kleinstadt Lamas am Rande des Regenwaldes.

2018 in Lima begonnen

Den Abiturienten der Christlichen Schule Dresden hat sein Weltwärtsjahr mit den Organisationen Terre de Hommes Deutschland und Ecoselva nach Peru geführt. Im September 2018 begann er in der Hauptstadt Lima. Er arbeitete an einem Zirkus- und Theaterprojekt, aber auch im Bereich Umwelt. „Wir haben die erste Ortsgruppe von Fridays für Future in Peru gegründet“, berichtet er.

Engagement um ein Jahr verlängert

Greuner verlängerte sein Engagement um ein Jahr und kam Anfang 2020 in den Regenwald. Hier engagiert er sich für die Rechte der indigenen Bevölkerung. Bis das Coronavirus auch nach Peru kam. „Anfang vergangener Woche hat der Präsident eine Ausgangssperre verhängt“, sagt der Dresdner. „Die Situation ist jetzt krass.“

Alles steht jetzt still

Von 6 bis 20 Uhr darf man sich auf der Straße bewegen, um tägliche Besorgungen zu erledigen. Arbeit ist tabu, nur auf den eigenen Feldern dürfen die Einwohner noch tätig werden. „Alles steht still, was für viele Menschen ein Problem ist, da sie nicht über Ersparnisse verfügen“, so Greuner. Immerhin gibt es noch Strom und Wasser, das Internet ist aber überlastet.

Vorwurf: Europäer haben das Virus eingeschleppt

Er selbst wohne außerhalb der Stadt und müsse sich gut eine Stunde durch die pralle Sonne bewegen, um Einkäufe erledigen zu können. „Dabei werde ich sehr oft von der Polizei aufgehalten“, so der Dresdner. Die Peruaner sind nicht gut auf Europäer zu sprechen: „Sie werfen uns vor, das Virus in Südamerika eingeschleppt zu haben.“

Gesundheitswesen an der Belastungsgrenze

Ein Vorwurf, den der junge Mann nachvollziehen kann. „Es sind noch Menschen aus Europa nach Peru in den Urlaub geflogen, obwohl sie schon ahnen konnten, dass sie erkrankt sind.“ Schon in Deutschland sei der Ausbruch von Corona eine Katastrophe – aber in einem Land wie Peru sei das Ausmaß noch viel schlimmer. Das Gesundheitswesen befinde sich schon in normalen Zeiten an der Belastungsgrenze.

Einige Menschen tragen Gasmaske

Nicht weit von Lamas sei die Krankheit ausgebrochen, so der junge Mann, ein indigener Einwohner soll sich in Holland infiziert haben. „Er ist ein Anführer und hat das Virus verbreitet.“ Es bestehe eine große Unsicherheit über die Zahl der Erkrankungen, da nur sehr wenig getestet werden könne. „Die Angst in der Bevölkerung ist echt groß. Viele gehen nur noch mit Mundschutz und Handschuhen auf die Straße. Einige tragen Gasmaske.“

Die indigenen Gemeinden würden sich mehr oder weniger abschotten. Durch den Terror der vergangenen Jahrzehnte seien es die Einwohner gewohnt, Straßensperren zu errichten und sich abzuschirmen. „Wir kommen an die Gemeinden nicht mehr heran.“

Die Ungewissheit ist unangenehm

Ihm persönlich gehe es gut, so Greuner. Zu dem Haus, in dem er wohnt, gehören vier Hektar Land, so dass er an die frische Luft gehen kann. „Aber die Ungewissheit ist unangenehm“, sagt er. Die deutsche Botschaft habe mitgeteilt, dass die Deutschen schrittweise aus Peru in die Heimat geholt würden. Zuerst seien jene Personen an der Reihe, die sich in Lima aufhalten. Dann kamen die Menschen im Landesgebiet dran.

Vielleicht kommt der Bus schon morgen

„Wir sind auf dem Landweg zwei Tage von Lima entfernt. Informationen habe ich nicht. Vielleicht holt mich morgen der Bus ab. Vielleicht dauert es noch zwei Wochen“, sagt der junge Mann. Er versuche, sich die Zeit mit Lesen, Spaziergängen und den täglichen Besorgungen zu vertreiben. Und mit Telefonaten mit der Heimat. „Alle machen mir Mut.“

Die Vorfreude auf die Heimat wächst

Am Anfang habe er sich geweigert, zu realisieren, dass sein Aufenthalt in Peru bald vorbei sein wird. „Ich habe mich von vielen Menschen, die mir ans Herz gewachsen sind, nicht verabschieden können.“ Aber jetzt, so allein in Quarantäne und ohne Möglichkeit, arbeiten zu können, wachse die Vorfreude auf die Heimat.

Und die Vorstellungen von der Zukunft würden konkreter: „Ich würde gerne ein Fach aus dem Bereich Umwelt studieren, wenn das wieder möglich ist“, sagt er.“

zum Artikel: https://www.dnn.de/Dresden/Lokales/Wie-ein-Dresdner-in-Peru-die-Corona-Quarantaene-erlebt (Stand 10.05.2020)